Der Temperatursturz vom Wochenbeginn im Klimavergleich

Vom Sommertag über 25 °C zurück in den einstelligen Bereich

Blitzschlag, teils kräftige Regenschauer und verbreitet Höchstwerte über 25 °C – am zweiten Maiwochenende 2020 bescherte warm-feuchte Subtropenluft Deutschland die erste frühsommerliche Wetterlage.

Zum folgenden Wochenbeginn aber stürzten die Temperaturen im Norden und in der Mitte des Landes rasant in den Keller. Zwischen Hoch QUIRINIUS über dem Nordwest-Atlantik und Tief BRITTA über Skandinavien wehte arktische Kaltluft nach Europa. So erwischte nach dem frühsommerlichen Vorgeschmack des Wochenendes die neue Woche die Mitte Deutschlands besonders kalt, denn ein markanter Temperatursturz ließ den Montag verbreitet um mehr als 15 °C kälter ausfallen als den Vortag.

Rasante Abkühlung vor allem in der Mitte Deutschlands

Unsere Karte zeigt die Differenz zwischen den Höchsttemperaturen am Montag, dem 11. Mai 2020, und dem Vortag. In einem breiten Streifen vom Saarland über den Süden Hessens, den Thüringer Wald und den Berliner Raum bis hinüber zur Oder sanken die Höchstwerte im Vergleich zum Sonntag um mehr als 15.0 °C. Lediglich am Bayerischen Alpenrand und im Bayerischen Wald fiel der Montag wärmer aus als der Sonntag. In der Tabelle darunter finden Sie die Spitzenreiter pro Bundesland.

Differenz zwischen den Höchsttemperaturen am Montag, 11. Mai 2020, und dem Vortag

Rückgang der Höchstwerte (°C)WetterstationBundesland
-19.8TemplinBrandenburg
-19.3DarmstadtHessen
-19.1WormsRheinland-Pfalz
-18.8Halle TrothaSachsen-Anhalt
-18.6Mannheim FlugplatzBaden-Württemberg
-18.1Penkun (Vorpommern)Mecklenburg-Vorpommern
-17.9Klitzschen bei TorgauSachsen
-17.7FriedrichweilerSaarland
-17.7KaltennordheimThüringen
-17.7Berlin-EiskellerBerlin
-17.5Neuhütten/SpessartBayern
-15.5Braunlage-WurmbergNiedersachsen
-13.4Hamburg-NeuwiedenthalHamburg
-13.3Luebeck-BlankenseeSchleswig-Holstein
-11.8Rahden-KleinendorfNordrhein-Westfalen
-11.3BremenBremen
Spitzenreiter pro Bundesland: Rückgang der Höchsttemperatur vom 10. zum 11.05.2020 in °C

Wie ungewöhnlich sind derart markante Temperaturstürze?

Kaltlufteinbrüche an sich sind vor allem im späten Frühjahr nichts Ungewöhnliches. Derart heftig fallen sie aber nur selten aus. Wir wollten wissen, wie häufig in der Vergangenheit die Höchsttemperaturen von einem Tag auf den anderen um mehr als 15.0 °C zurückgegangen sind. Dazu haben wir lange Messreihen in der betroffenen Region geprüft. Die Messreihe von Leipzig-Holzhausen reicht bis ins Jahr 1863 zurück und wies bisher nur zwei derartige Fälle auf. Hier hält den Rekord der 27. April 2013, als polare Kaltluft einen warmen Frühlingstag ablöste. Sie drückte damals die Höchsttemperatur um 17.3 °C. Die 16.7 °C von dieser Woche fügen der Leipziger Reihe einen neuen Fall hinzu. Im diesmal betroffenen Gebiet wurde an einzelnen Stationen, die erst nach 1978 installiert wurden, sogar ein neuer Rekord aufstellt. Für die Mehrheit der in unserer ersten Karte oben dunkelblau markierten Stationen war der Rückgang der Tageshöchstwerte vom Sonntag zum Montag tatsächlich der stärkste der letzten 41 Jahre.*)

Wie verteilen sich aber Wiederkehrzeiten und die jeweils höchsten registrierten Höchsttemperaturstürze in Deutschland? Wir haben Wiederkehrzeiten vom Rückgang der Höchsttemperatur aufeinander folgender Tage um über 10 °C genauer betrachtet. Dafür haben wir auf die Daten der Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes zurückgegriffen. Die folgende Karte zeigt deutliche geographische Unterschiede. Südlich der Donau haben solche Ereignisse Wiederkehrzeiten unter 6 Monaten, während sie auf den Nordseeinseln im Mittel nur einmal im Jahrzehnt auftreten. Helgoland erweist sich auch bei Temperaturschwankungen als Fels in der Brandung, mit einer Wiederkehrzeit von 22,6 Jahren.

Karte mit der durchschnittlichen Wiederkehrzeit eines Temperatursturzes von mindestens 10 °C zwischen den Höchstwerten zweier aufeinander folgender Tage.

Wenn man die jeweils höchsten registrierten Temperaturstürze betrachtet, so sticht zunächst der Temperaturrückgang in Jena vom 04. zum 05.02.1841 mit 26,8 °C ins Auge. Nur wenige Wetterstationen verfügen über eine so lange Datenreihe. Viele Wetterstationen haben es mit einem Rekord am 01.01.1979 in die Top 10 geschafft, dazu finden Sie unten noch mehr Informationen. Anders als bei den Wiederkehrzeiten gibt es bei den Spitzenreitern der Temperaturstürze keine deutliche regionale Verteilung, von vergleichsweise geringen Werten entlang der Küsten einmal abgesehen. Ebenso ergibt sich keine klare Höhenabhängigkeit, extreme Temperaturstürze von mehr als 20 °C von einem Tag auf den anderen können sowohl im Flachland als auch im Hochgebirge beobachtet werden. Nur auf den Inseln und direkt an der Küste wurden Temperaturstütze von 15 °C oder mehr bisher nur an sehr wenigen Stationen registriert.

PlatzWetterstationTag des TemperatursturzesDifferenz Höchsttemperatur zum Vortag
1Jena (Sternwarte)05.02.1841-26,8°C
2Kronach01.01.1979-22,1°C
3Hof01.01.1979-21,6°C
Elster, Bad-Sohl01.01.1979-21,6°C
5Angermünde20.11.1936-21,2°C
6Cottbus23.03.1889-21,1°C
7Kahl/Main01.01.1979-21,0°C
8Heinersreuth-Vollhof01.01.1979-20,9°C
Bad Kissingen01.01.1979-20,9°C
10Lautertal-Oberlauter01.01.1979-20,8°C
Top 10 der Temperaturstürze in Deutschland. Rückgang der Höchsttemperatur zwischen zwischen zwei aufeinander folgenden Tagen, Wetterstandtionen mit mindestens 50 Jahren Beobachtungsreihe. (Daten: DWD)
Höchste registrierter Temperatursturz aller verfügbarer Daten mit mindestens 50-jähriger Datenreihe als Änderung der Höchsttemperatur zweier aufeinanderfolgender Tage. (Daten: DWD)
Höhenabhängigkeit des jeweils stärksten Temperatursturzes von einem Tag auf den anderen. X-Achse: Höhe der Station über dem Meeresspiegel , Y-Achse: Rückgang der Höchsttemperatur in °C

Dramatischster Temperatursturz im Dezember 1978

Wenn man sich anschaut, wann in den letzten 50 Jahren die Stationsrekorde für einen Temperatursturz aufgestellt worden sind, fällt ein Ereignis ganz besonders ins Auge. An sehr vielen Stationen ist um den Jahreswechsel 1978/79 ein markanter Temperatursturz erfolgt, der in der jeweiligen Messreihe weder davor noch danach übertroffen wurde.

Die Abbildung zeigt an welchen Tagen in den letzten 50 Jahren Rekorde gebildet worden sind. Je größer der Kreis, desto mehr Stationen haben bei dem jeweiligen Ereignis den höchsten Temperatursturz ihrer Messreihe registriert.

Der dramatischste Temperatursturz aller untersuchten Messreihen fand Ende Dezember 1978 statt, während des Jahrhundert-Wintereinbruchs und begleitet von tagelangen Schneestürmen. Unsere Karte unten zeigt, wo damals die Höchsttemperatur innerhalb eines Tages um mehr als 15.0 °C in den Frostbereich sackte. Spitzenreiter war bei diesem Ereignis Landshut mit -22.5 °C.

Rekord-Rückgang der Höchsttemperatur innerhalb eines Tages Ende Dezember 1978. Nur Differenzen unter -15.0 °C dargestellt.

Wetterdaten-Archiv für Gutachten

Der Vergleich mit Messdaten vergangener Jahre hilft, die Ungewöhnlichkeit von Wetterereignissen zu bewerten und einzuordnen. MeteoIQ hat Zugriff auf ein umfangreiches Archiv von Beobachtungsdaten, die wir mit meteorologischem Fachwissen aufbereiten und interpretieren. Damit können wir Ihre Fragen zu Wetterereignissen kompetent und für Ihren Anwendungsfall zugeschnitten beantworten. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie z. Bsp. ein Gutachten benötigen, wie ungewöhnlich die Wetterumstände sind, die zu einem Schadenereignis geführt haben.

*) Innerhalb der langen Reihe können Änderungen in den Bezugszeiträumen der Tageshöchsttemperatur auftreten. Heute wird bezieht sie sich auf den Zeitraum von 06 bis 18 UTC.